In Zeiten der Coronakrise waren wir alle öfter zu Hause: Und da hat man ja für so einiges Zeit. Manche machen mehr Yoga und jagen verschiedenen Selbstoptimierungs-Maßnahmen hinterher. Andere misten mal so richtig aus und streichen ihren Flur. Ich für meinen Teil habe das erste Mal Free Bleeding ausprobiert. Was sich dahinter verbirgt und wie meine Free Bleeding Erfahrung war, das erzähle ich Euch hier.
Ich habe eine Kupferspirale, und daher recht starke, lange Tage – aus gutem Grund habe ich Free Bleeding nie ausprobiert. Denn während eines Meetings plötzlich das Blut im Schritt zu spüren? Grauenhaft! Deswegen benutze ich seit einiger Zeit die Menstruationstasse. Doch jetzt, in Zeiten von Zwangs-Home-Office kam mir die Idee, mich auf dieses persönliche Projekt einzulassen.
Was ist Free Bleeding eigentlich?
Free Bleeding steht übersetzt für „freies Menstruieren“. Das bedeutet im Klartext: Auf Hygieneprodukte wie Tampons & Co. wird gänzlich verzichtet. Stattdessen geht es darum, den eigenen Körper und den körpereigenen Rhythmus der Blutung während der Periode genau kennenzulernen. So kann das Blut dann abfließen, wenn es abfließen will.
Doch warum das alles?
Vor allem, weil es die wohl natürlichste Art und Weise ist, mit der eigenen Periode umzugehen. Fans vom Free Bleeding schwören zum Beispiel auch darauf, dass sie ihren Körper seither besser kennen und einschätzen können. Es hat aber auch gesundheitliche Vorteile. Free-Bleeding mit einem extra Sicherheits-Schutz durch Period-Panties ist so viel besser für die Intimgesundheit. Gerade Tampons sind oft die Ursache für Scheidentrockenheit oder Pilzinfektionen.
Vorteile von Free Bleeding auf einen Blick
- Viele Menstruierende berichten, dass ihre Periodenschmerzen durch Free Bleeding weniger werden oder ganz verschwinden. Das kann darauf zurückzuführen sein, dass sich der Muttermund leichter öffnen kann und das Menstruationssekret somit auch leichter ausgeschieden werden kann.
- Unangenehme Gerüche minimieren sich. Denn die entstehen meist durch Duftstoffe auf Binden und Tampons.
- Reduzierung von Irritationen, denn durch die Nutzung von so genannten Hygieneprodukten wie Tampons oder Slipeinlagen wird die Vaginalflora gestört. Die Folge: Vaginale Trockenheit, Jucken, Infektionen oder Pilzerkrankungen.
- Happy Vagina? Happy You! Dadurch kann es zu einem gesteigerten Lustempfinden und mehr Spaß an Sex kommen.
- Die Gefahr, das Toxische Schocksyndrom (TSS) zu bekommen, geht durch Free Bleeding gleich 0. Denn TSS wird meist mit Hygieneprodukten zum Einführen in Verbindung gebracht.
- Weniger Müll, weniger Geldausgeben. Free Bleeding ist die wohl grünste Art und Weise zu menstruieren.
Gibt es auch Nachteile?
Gewissermaßen schon. Zum Beispiel kann es Situationen geben, in denen Du nicht sofort eine Toilette aufsuchen kannst. Auch in die Sauna, zum Schwimmen oder zum Sport zu gehen ist eher problematisch, wenn Du gerade deine Periode hast und auf jegliche Hilfsmittel verzichtest. Zudem werden drei Übungs-Menstruationen empfohlen, bevor Du Dich in den Berufsalltag wirfst – damit Du besser einschätzen kannst, wann der nächste Schwall Blut kommt und Dir kein Malheur passiert.
Meine ersten Erfahrungen mit Free Bleeding
Ich muss ehrlich gestehen: Ich traue mich nicht sofort, komplett blank zu ziehen und auf jegliche Hilfsmittel während meines kleinen, blutigen Projekts zu verzichten. Ich setze auf Periodenunterwäsche. Denn wie bereits erwähnt: gerade beim ersten Mal Free Bleeding kann man den Körper noch nicht so gut einschätzen – und ruiniert sich daher den einen oder anderen Slip. Die Periodenunterwäsche bewahrt mich davor. Und vor fiesen Gerüchen muss ich mir auch keine Sorgen machen: Die atmungsaktive Membran der Periodenunterwäsche saugt das Blut schnell auf und lässt keine Gerüche entstehen. Menstruationsunterwäsche ohne Biozide wie Silberchlorid birgt zusätzlich einen gesundheitlichen Vorteil zu herkömmlichen Einwegprodukten wie Tampons oder Binden, welche oft mit Pestiziden behandelt werden.
Warum Free Bleeding im Home Office so sinnvoll ist? Weil ich alle 30 Minuten zur Toilette gehe, um das Blut ablaufen zu lassen. Denn: Während der Menstruation wird Gebärmutterschleimhaut abgestoßen und durch die kleine Öffnung des Muttermundes, dem Übergang vom Gebärmutterhals zur Vagina, abgelassen. Das bedeutet, dass das Blut nicht permanent abfließt – sondern in Schüben. Und diese Schübe sind von Frau zu Frau unterschiedlich.
Manchmal ist es Fehlalarm. Manchmal habe ich den Moment verpasst. Doch nach und nach entwickle ich ein Gefühl für das Blut. Immer, wenn ich einen leichten Druck verspüre, suche ich die Toilette auf. Und dann heißt es: Bahn frei für dein Blut!
Wie stark ist Dein Beckenboden?
Übrigens ist Free Bleeding eine gute Methode, um die eigene Beckenbodenmuskulatur einmal zu überprüfen. Je stärker der Beckenboden desto ‚auslauf-sicherer‘ ist diese Methode. Wenn Dir all zu oft ein Malheur im Slip passiert, solltest Du ein paar Beckenbodenübungen in den Alltag einbauen.
Free Bleeding? Klar! Aber bitte reflektiert!
Free Bleeding hat also viele Vorteile – und ist eine Frage der Gewöhnung. Okay! Und es ist, wenn man nicht ins Büro muss, auch gar nicht allzu schwer umzusetzen. Ob ich aber auch zurück im normalen Alltag auf die Methode setzen werde, kann ich noch nicht sagen.
Jedoch: Bei all dem sollte man nicht vergessen, dass das freie Menstruieren nicht gänzlich kritikfrei ist. In unserer westlichen Gesellschaft nehmen wir uns das Privileg heraus, Free Bleeding zu einem Trend zu machen. Dabei steht in anderen Ländern genau das auf der Tagesordnung. Viele Mädchen und Frauen können während ihrer Menstruation nicht in die Schule gehen, weil dort sanitäre Anlagen und fließendes Wasser fehlen.
Anders gesagt: Es ist ein Luxus, sich zu entscheiden, ob man Tampons, Cups & Co. kauft – oder eben frei blutet. Ein offener und reflektierter Umgang ist daher wichtig und essentiell – und kann gleichermaßen andere Menschen sensibilisieren und aufklären.
Free Bleeding lernen – in vier Schritten
- Passe den richtigen Moment ab: Du musst Zeit für deine ersten Free Bleeding Gehversuche haben und deinem Körper ein wenig Aufmerksamkeit widmen. Du kannst spüren, wenn deine Gebärmutter voll ist. Menstruierende vergleichen das beispielsweise mit dem Gefühl einer vollen Blase und berichten von einem Ziehen im Unterleib.
- Schau auf die Uhr und mach Dir Notizen: Zwischen den Blutungsschüben liegen etwa zehn Minuten bis vier Stunden. An den ersten Zyklustagen, wenn die Blutungen stärker sind, solltest Du alle halbe Stunde die Toilette aufsuchen. Ab dem dritten Tag haben die meisten Menstruierenden bereits schwächere Blutungen. Am besten, Du notierst Deinen Zyklus und die Stärke Deiner Blutungen mal – damit Du Deinen Körper besser einschätzen kannst.
- Entspanne Dich: Gerade auf der Toilette kannst Du nur vollständig Blut ablassen, wenn Du Dich und Deinen Beckenboden entspannst. Hier hilft es, das Becken leicht vor-. und zurückzukippen und ein wenig den Unterbauch zu massieren. Du kannst Dich auch mal nach vorne beugen und leicht (!) pressen, wie, wenn Du beim Urinieren nachdrückst. Gehe hier aber sanft vor und lass Deinen Körper die meiste Arbeit verrichten.
- Kraft sammeln: Nach deinem Free Bleeding Erlebnis ist es an der Zeit, ein wenig Kraft zu sammeln und Me-Time zu zelebrieren. Stürz Dich bitte nicht direkt wieder in die Arbeit sondern tu etwas, was Dir gut tut. Eine Tasse Tee, kuscheln mit Deinem Partner oder Deiner Partnerin, eine Wärmflasche. Es geht darum, dass Du Dich in Deinem Körper wohl fühlst. Dann kann Free Bleeding auch wirklich zu einer spannenden Erfahrung für Dich werden.