Moabit ist kein Szenestadtteil, wie Friedrichshain oder Kreuzberg. Hier kann man nicht jeden Abend raven gehen und die Touristen kommen zum Glück auch nur selten in Strömen. Trotzdem hat diese Insel viel zu bieten, wenn man sie kennt – vor allem kulinarisch und kneipentechnisch. Eine dieser wundervollen Bars ist das Kallasch in der Unionstraße. Die Programmkneipe bietet donnerstags bis samstags nicht nur Drinks, sondern auch Kultur und ist immer wieder einen Abstecher wert.
Eine urige Kneipe im Retroschick, die ihre Wurzeln liebt. Die Wände sind unverputzt und tragen den Barnamen in großen Lettern an der Wand. Bei meinem ersten Besuch in 2014 kommt mir der Schriftzug irgendwie bekannt vor. Und tatsächlich: Flaniert man durch die Stromstraße ist dort noch der hinterlassene Abdruck an einer alten Häuserwand zu lesen. Das Schild gehörte nämlich einst zur Kallasch Jonas OHG und hat durch eine Auflösung nun ein neues Heim im selben Viertel gefunden.
Dominik vom Kallasch: „Moabit… Ein kleines eigenes Universum mitten in Berlin.“
Mich interessiert, woher die Verbundenheit zu Moabit kommt. Dominik Borrmann, einer der Barinhaber verrät, dass er und Luisa Traumann schon lange vorhatten eine Bar zu eröffnen und als langjährige Moabiter, kam kein anderer Stadtteil in Frage. Was sie so sehr schätzen? „Die Unaufgeregtheit, die Authentizität. Es gibt tatsächlich noch so etwas wie Kiezgefühl auf den Straßen, trotzdem wird es nicht langweilig, ganz im Gegenteil. Man trifft Leute auf der Straße, auf Partys oder in Bars. Moabit ist eine Insel, auf der man auch noch den Überblick behalten kann. Fast familiär. Ein kleines eigenes Universum mitten in Berlin.“
Open Stages, Poetry Slams, Hauser & Tiger… Ein Zuhause für Kiezkultur
Zu den Kulturschaffenden Dominik (Musique Maudite Festival) und Luisa (Kulturfestival Wedding-Moabit, Fabriktheater in der Kulturfabrik) gesellte sich schließlich noch Simon Ebser, der das Trio mit seiner langjährigen Barerfahrung im Berliner Clubleben komplettiert. Eigentlich als Projekt gedacht, wurde nach der Eröffnung im Sommer 2014 schnell klar, dass die Bar mehr war als nur das. Denn das Kallasch& liebt nicht nur Moabit, die Moabiter lieben auch das Kallasch&.
Kein Wunder bei dem Programm: Live-Musik, Lesungen, Ausstellungen, Diary Slams (der peinlichste Tagebucheintrag gewinnt) und am allerbesten: Mario-Kart-Turniere! Mittlerweile gibt es auch feste Größen: Einmal im Monat eine Open Stage, einen Poetry Slam, ein Musikquiz. Und wenn das jetzt irgendeinem Kulturbanausen immer noch nicht genügt… Es gibt auch einen Kicker.
Berliner Bärenbräu, feinste Gins und Whiskeys
Auch im Getränkesortiment spürt man die Moabiter Identität. Denn als Pils lockt das Berliner Bärenbräu, welches seinen Ursprung in der Moabiter Markthalle hat. Und neben feinsten Gins und Whiskeys, gibt es wechselnde Besonderheiten auch mal aus der Nachbarschaft (z.B. der PSM – Preußische Spirituosen Manufaktur im Wedding). Dass das Kallasch& keine Cocktailbar ist, erklärt Dominik auch mit den Preisen: „Die Leute sollen sich für unser Programm begeistern und darüberhinaus auch noch ein paar Longdrinks trinken können. Wir achten darauf, dass immer eine entspannte Atmosphäre herrscht und sich jeder wohl fühlt.“ Diese Lässigkeit und improvisierte Art sind vermutlich der Zauber des Kallasch&. „Es ist sehr schön zu sehen, dass eine Vermischung unterschiedlicher Gruppen stattfindet und man schnell ins Gespräch miteinander kommt. Wir sehen dieses Barprojekt immer noch so, als würden wir Leute auf eine WG-Party einladen. Und das macht Spaß“, sagt Dominik.
Nein, Moabit ist zwar nicht so in, wie Friedrichshain und auch nicht wie Kreuzberg – aber irgendwie ist das auch gut so.
Alle Infos: Kallasch& – Moabiter Barprojekt
// Kallasch& – Moabiter Barprojekt. Adresse: Unionstr. 2, 10551 Berlin
// S-Bahnhof Beusselstraße, Westhafen und U-Bahnhof Birkenstraße
// Do-Sa, 19.00-03.00 Uhr geöffnet
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Fotografien 1 – 3 © Dominik Borrmann
Fotografie 4 © Martin Morsbach [line]