Da sitze ich neulich in illustrer Runde bei Wein und Zigarettenrauch am abgewetzten Küchentisch und wie hätte es anders sein sollen? Jemand spricht mir eine Musikempfehlung aus. Ich als selbsternannter Musik-Muffel bin dann grundsätzlich erst einmal genervt. Üblicherweise hört man sich dann nämlich auf dem gegnerischen Smartphone in schlechter Audio-Qualität an, was doch angeblich so gut in die eigene Playlist passt. Alles untermalt von erwartungsvollen Blicken. Grausam. Doch so weit hab ich es an jenem besagten Abend gar nicht kommen lassen. Vielmehr habe ich erst einige Tage später meine Ohren durch das Bilderbuch blättern lassen. Jawohl! Bilderbuch. So nämlich ist der Name der österreichischen Formation um Maurice Ernst, die ich Euch – sofern ihr zu den Unwissenden wie ich gehört – in keinem Fall vorenthalten möchte.
von Johnny Kirmis | Fotos © Niko Ostermann, Christoph Pöll
Die Jungs von Bilderbuch gibt es schon seit zehn Jahren und, würde ich ein wenig mehr Radio hören, wären sie mir sicher auch schon aufgefallen. Spätes Vergnügen also, aber deswegen nicht weniger gut, denn die Musiker aus Oberösterreich haben ordentlich was drauf. Fernab vom David Guetta-Korsett und 2000er Deutschrap, der inhaltlich oft nicht mehr als den harten Weg aus der Scheiße erzählt, gibt einem Bilderbuch mal wieder etwas Neues auf die Lauscher. Etwa in Form von knappen Textfragmenten, die erstmal völlig absurd ankommen, sich aber in jedem Fall ziemlich cool anhören und, dem Bandnamen getreu, bunte, bewegte Bilder ins Hirn pflanzen.
Bilderbuch – Im Lambo an die Spitze meiner Playlist
Als Beispiel: „Es tropft dein feuchter Blick auf mein Verlangen“, heißt es im smashigen Hit „Maschin“ (nein, das ist kein Tippfehler, der Song schreibt sich wirklich so), der Bilderbuch im gelben Lamborghini weit nach vorne beschleunigt. Ein bisschen anstößig, ohne Frage, aber laut Leadsänger Maurice mangelt es der deutschen Musik sowieso an mehr Sexappeal. Und dank seinem Mut zum Nuscheln, versteht man ohnehin nicht jedes Wort von ihm. Man darf sich gut und gerne auch mal dem erfrischend abgefahrenem Sound von Bilderbuch widmen.
Ein bisschen Rock, ein bisschen Falco
Nur so viel: rein technisch hab ich von so etwas gar keine Ahnung, wohl bemerke ich aber, dass Bilderbuch durchaus neuen Schwung in meine Playlist bringen. Ein bisschen rockig, eine Prise Indie, abgelöscht mit trashigem HipHop und ein wenig an den 80er-Synthesizern gedreht, weiß ich gar nicht genau, in welches Genre ich die österreichischen Bengel eigentlich einordnen darf. Aber wahrscheinlich ist ihnen genau das ganz Recht. Müsste ich, würde ich sie wahrscheinlich zum sagenhaften Falco packen. Denn des Maestros Egal-Manier haben Bilderbuch im Blut, das hört man.
Bilderbuch – Diese Musikempfehlung traf voll ins Schwarze
Die Dame mit der Musikempfehlung von neulich hat bei mir voll ins Schwarze getroffen und abgestiegen von meinem Ross bin ich direkt neidisch, dass das Konzert im Astra neulich hoffnungslos ausverkauft war. Naja, vielleicht das nächste Mal. Kommt ihr mit?
Das Album SCHICK SCHOCK ist schon am 27. Februar 2015 auf Maschin Records erschienen.
Johnny Kirmis ist 25 und ein waschechter Berliner. Sich selbst würde er als Überlebenskünstler bezeichnen, der alles ein bisschen, aber noch nichts so richtig kann. Noch! Auf der Suche nach seiner Leidenschaft, stellt er zur Zeit seine Gastfreundlichkeit in einem schönen Berliner Hotel und sein Schreibtalent auf diesem Blog unter Beweis. Wie es von hier aus weiter geht, steht noch in den Sternen. Aber die stehen gut für ihn.