Wenn ein Film als „DIE“ deutsche Sommerkomödie angepriesen wird, macht das einmal skeptisch. Meistens sind die Witze flach, die Pointen vorhersehbar, man schmunzelt wohl eher als herzlich zu lachen – und denkt sich beim Abspann dann: Hätte ich die Zeit dann mal doch eher mit Aperol Spritz verbracht. Warum das Prädikat „Sommerkomödie“ beim neuen Film JAGDSAISON von Aron Lehmann aber durchaus zutrifft und es sich für diesen Film in jedem Fall lohnt, einen dunklen (aber auch klimatisierten) Kinosaal zu betreten, erfahrt ihr hier.
JAGDSAISON: Zur Story
Ein spontaner Kurztrip mit Freundinnen, wen überkommt diese Lust nicht auch ab und zu? Einfach losfahren, mit oder ohne Ziel, aber offen für Abenteuer. Klingt herrlich? Wer jetzt nicht spontan frei hat oder wem die Zeit fehlt, um sich treiben zu lassen, kann sich zumindest cineastisch auf einen Kurztrip begeben. Und zwar mit Eva, Bella und Marlene. Der einzige Unterschied bei diesem Trio: Es hat sich nicht ganz freiwillig zusammen getan….
Eva (Rosalie Thomass) ist Mitte, Ende Dreißig und wurde gerade erst von ihrem Mann verlassen. Und zwar für Bella, der erfolgreichen Beauty-Influencerin. Die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein: Eva ist herrlich chaotisch und tollpatschig ist und hat eine gewisse (selbst-) zerstörerische Ader. Bella scheint zumindest makellos, bildschön und allwissend. Zwischen den Fronten steht Marlene, die mit Mann und Kind ein geplantes Leben lebt – mit Sex nach Terminplaner. Marlene ist eigentlich die beste Freundin von Eva. Doch auch sie gerät in die Fänge der schönen Bella. Denn diese unterstützt sie in ihrem Vorhaben, aus der langweiligen Ehe auszubrechen – und zwar mit einem One-Night-Stand mit Peter (August Wittgenstein).
Bella findet: Marlene sollte sich den Angehimmelten „wegvögeln“. Deswegen plant sie ein Wellness-Wochenende an der Ostsee, unweit von dem Jagdgebiet von Peter – der an eben diesem Wochenende hier seine Flinte anlegen will (Filmkulisse ist im Übrigen das tolle Weissenhaus Grand Village, wir waren vor Ort). Als Eva von diesem Plan erfährt, schließt sie sich dem Wochenende widerwillig an, um Marlene von dem pikanten Plan abzubringen – und um die Freundschaft zu retten. Ihr ahnt es schon: Das Chaos ist vorprogrammiert.
Eskalation als Prinzip
Der Grund, warum manche deutsche Komödien oftmals ein Schattendasein neben amerikanischen Pendants wie dem phänomenalen Blödel-Meisterwerk „Brautalarm“ fristen: Sie trauen sich nicht genug. Das kann man von Aron Lehmanns JAGDAISON nicht behaupten. Im Gegenteil: Der Film bricht schamlos mit manchen scheinbaren Tabus, ganz im Stile der US-amerikanischen Vorbilder. Beispielsweise, wenn beim Waxing offen der voll behaarte Mons pubis einer Frau gezeigt wird und ebenso offen und minutenlang über das Aussehen des Darmausgangs geredet wird. Das sorgt für manche Fremdschammomente, aber eben solche, in denen man sich als Zuschauer:in nur allzu gerne suhlt. Und vor allem lässt es einen herzlich und laut lachen.
Extrem erfolgreiche deutsche Serien wie „Jerks“ haben es gezeigt: Das Prinzip Eskalation funktioniert. Auch bei JAGDSAISON.
Eine tolle Chemie zwischen den Darstellerinnen
Natürlich ist der Film an vielen Stellen überdreht, die Geschichte an manchen Stellen vorhersehbar, beispielsweise, wenn es auch dank einer nicht ganz unwesentlichen Menge Alkohol zur Verschwesterung der Parteien kommt, nämlich für ein höheres Gut: „Sisters before Misters”. Kleine Vorhersehbarkeiten sind aber letztlich egal oder viel eher: Man verzeiht’s nur allzu gerne. Vor allem den Schauspielerinnen selbst. Rosalie Thomass, Almila Bagriacik und Marie Burchard funktionieren ganz wunderbar miteinander. Man kann sich gut vorstellen, wie viel Spaß die Dreharbeiten den drei Frauen gemacht haben muss – und wünscht sich ein wenig, man wäre ebenfalls teil von diesem wilden Wochenende. Egal, ob Mann oder Frau.
JAGDSAISON von Aron Lehmann: Ein kleines Fazit
Schlagfertige Dialoge, eine gut funktionierendes Trio an drei Hauptdarstellerinnen, keine seichte Frauenkomödie, sondern frivol, derb, lustig und frontal. Und daher genderübergreifend eine echte Empfehlung. Unser Fazit zu Aron Lehmanns JAGDSAISON: Sehenswert und kurzweilig; eine echt gute Sommerkomödie, die ihr Prädikat verdient.
Ab 18. August 2022 in den Kinos.
Hier geht’s zum Trailer von JAGDSAISON: