Buchtipp | Ein ganzes Leben von Robert Seethaler

von | Mrz. 16, 2015 | Allgemein, Lifestyle

Ein Ganzes Leben von Robert Seethaler
Wann ist eine Geschichte erzählenswert? Was muss sie bieten, dass man sie bis zum Ende durchliest, vielleicht sogar verschlingt? Spannung? Action? Intrigen? Sex? Nichts dergleichen, stellt Robert Seethaler mit seinem Roman Ein ganzes Leben fest. Keine Geschichte ist zu klein, als dass sie nicht erzählt werden kann. Genau wie die Geschichte von Andreas Egger. Es ist ein ganzes Leben auf 155 Seiten.Siebzig Jahre können lang sein. Sie können vollgestopft sein, bis oben hin mit Epos und Tragik und Komik und Sentimentalität und man kann sie niederschreiben, auf 800 Seiten. Aber „ein Leben ist ein Leben. Und jedes Leben reduziert sich auf das pure Dasein“, erklärt der in Wien geborene Autor Robert Seethaler in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. „Da geht es immer nur um dasselbe: Um Überleben, um Liebe, um Kraft, um Tod.“ Und so gelingt dem Autor eine unsentimentale, gleichwohl wunderbare Art des Erzählens in Ein ganzes Leben: Was Robert Seethaler mit seinem Buch erzählt, ist eine Geschichte, die von stiller Schönheit ist, denn er schreibt das Leben eines Mannes mit all seiner Schwere so federleicht nieder, als wäre es ein Augenaufschlag.

Ein ganzes Leben Robert Seethaler

Stille und sanfter Gleichmut: Die Geschichte über Andreas Egger

Andreas Egger wird zu Beginn des vorigen Jahrhunderts als Kleinkind von der Stadt in ein Dorf gebracht. Genauer gesagt in ein Tal, umgeben von Bergen. Er kommt bei Bauer Kranzstocker unter, einem Schwager seiner Mutter. Andreas ist Waise. Sein Ziehvater greift immer wieder zum Weidenstock, prügelt den Jungen, wenn ihm Missgeschicke passieren. So bricht ein Bein in jungen Jahren, es ist nicht zu retten. Andreas Egger muss fortan hinken. Er ist in den Augen der anderen Dorfbewohner ein Krüppel. Es kümmert ihn kaum, denn er ist stark und er kann arbeiten wie kaum einer. Und so findet er Zeit seines Lebens immer Beschäftigung.
Dann kommt die Liebe, die uns allen irgendwann begegnet. Andreas Egger trifft Marie, seine spätere Frau. Es sind Jahre voller Glückseligkeit, voll einfacher Zufriedenheit. Doch die gemeinsame Zeit ist begrenzt. Er verliert seine große Liebe, seine Marie auf tragische Weise – und Andreas Egger ist wieder allein. Er trauert, wie man eben trauert, meistens still.
Dann kommt der Weltkrieg, Egger geht an die Front, ist acht Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft – ein episches Schicksal, erzählt auf zehn, vielleicht zwanzig Seiten. Egger nimmt es hin, hält durch, überlebt und kehrt zurück. Nicht verbittert, sondern von sanftem Gleichmut. Zu Hause sieht er, wie die Moderne in das Dorf einzieht, wie ein Amerikaner den Mond betritt, wie Touristen das Tal erobern, und er wundert sich. Wundert sich über die Menschen, aber nimmt die Dinge hin, wie sie sind. Es ist ja wie es ist.

Ein ganzes Leben von Robert Seethaler: Die Hoffnung, dass es nie endet

Man liest Ein ganzes Leben schnell durch, und man wünscht sich insgeheim die ganze Zeit über, dass Andreas Eggers Geschichte niemals endet. Aber mit seinem Leben endet auch das Buch und offenbart damit seine Erkenntnis, die es – trotz Kürze – zu einem literarischen Werk macht, das zurecht als Roman bezeichnet werden kann. Es ist die Erkenntnis, dass das Leben zu Ende geht, wie es beginnt – unmittelbar – und das wir klein sind und die Erde sich auch ohne uns weiter dreht. Und dass das nicht schlimm ist, denn ein Leben kann erst dann zu einem Ganzen werden, wenn es endet.
Foto Autor © Lesekreis, Wikimedia Commons 


Robert Seethaler: Ein ganzes Leben. Erschienen bei Hanser Berlin Verlag, 156 Seiten.
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Friederike HintzeFriederike Hintze, oder lieber Frieda, gründete gemeinsam mit Marie von der Heydt den Blog Louise et Hélène. Seit vielen Jahren arbeitet sie als freie Journalistin und Bloggerin im Lifestyle-Bereich. Frieda liebt guten Wein und gute Bücher,  ist am Liebsten unter Freunden oder an der Küste – oder beides – und geht gerne Laufen. Wenn sie für sich ist, guckt sie mehr oder minder heimlich Unter Uns. Und zwar seit der ersten Folge.
 

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