Mimycri | Designertaschen aus Rettungsbooten

von | Jan. 18, 2018 | Mode

Logo des Non-Profit-Start-Up mimycriAnzeige: Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung.
Der biologische Prozess ‘Mimikri‘ bezeichnet ein Phänomen bei dem Tiere die Form oder Farbe ihrer Umgebung nachahmen. Vera Günther und Nora Azzaoui haben sich von diesem verblüffendem Vorgang bei der Namensgebung ihres Non-Profit-Start-Ups mimycri inspirieren lassen. Das internationale Team, bestehend aus vertriebenen und einheimischen Menschen, fertigt Taschen aus Schlauchbooten, auf denen Geflüchtete ihre Heimat verlassen haben. Frei nach dem Credo: umnähen, umdenken, umsetzen.

Mit Mut und Engagement für Integration und Design


Nora und Vera engagieren sich bereits in Berlin, um Menschen, die aus Krisenregionen nach Deutschland kommen, zu helfen. Sie gingen noch einen Schritt weiter und reisten auf die griechische Insel Chios. Dort kommen geflüchtete Menschen auf Schlauchbooten aus ihrer zerstörten Heimat an und müssen umgehend mit den nötigsten Hilfsmitteln versorgt werden. In solchen Ausnahmesituationen geht es darum Prioritäten zu setzten und schnelle Hilfe zu leisten. Das führt unweigerlich dazu, dass andere Bereiche vernachlässigt werden – zerstörte Schlauchboote verschmutzen die Strände, da die Entsorgung nicht geregelt ist. Nora erkannte dieses Problem und sah darin eine Chance. Vielleicht half ihr dabei ihr beruflicher Background als Unternehmensberaterin oder einfach ihr gesunder Menschenverstand, um zu erkennen, dass in den benutzten Schlauchbooten Potential steckt, das genutzt werden muss.

Der Studienschwerpunkt in Veras Ökonomiestudium lag in der Ressourceneffizienz und trug damit ebenfalls maßgeblich zur Entstehung der Geschäftsidee bei den ausgedienten Materialien zu neuem Leben zu verhelfen. Denn PVC ist langlebig und widerstandsfähig – somit perfekt zur Weiterverarbeitung geeignet. Wo die beiden Gründerinnen an ihre Grenzen stoßen, holen sie sich Hilfe von Designern und anderen Menschen aus der Textilbranche, die sich mit dem Kontext Flucht und Rettung identifizieren können, da ihre Vergangenheit davon geprägt ist. Als ich Vera und Nora in ihrer Produktionsstätte, dem Fab Lab in Prenzlauer Berg besuche, sitzt Abid Ali an der Nähmaschine und arbeitet an einem Rucksack. Er selbst ist auf einem Schlauchboot aus seiner Heimat geflüchtet. Mit der Arbeit für das Non-Profit Unternehmen wird den vertriebenen Menschen die realistische Möglichkeit geboten sich eine neue Zukunft aufzubauen. Durch mimycri entstehen wunderschöne Design-Objekte, die Produzenten und Konsumenten verbinden.

Herausforderung als Chance begreifen


Planung, Design und Fertigung – alles entsteht in gemeinsamen Arbeitsprozessen und durch Learning by Doing. Die Taschen, Rucksäcke und Portemonnaies werden in sorgfältiger Handarbeit genäht. Schwarz und Grau sind die prägenden Farben. Jede Kombination gibt es so kein zweites Mal – individueller kann ein solches Produkt wohl kaum sein. Die ersten 800 Teile wurden durch eine Crowfunding-Kampagne finanziert und bereits produziert. Durch den erfolgreichen Start steigt natürlich die Motivation weiterzumachen. Ein Online-Shop ist in Arbeit – bis dahin können die Produkte per E-Mail bestellt werden.
ACHTUNG! Im Januar 2018 gelten noch die derzeitigen Preise. Also schnell bestellen!

Mimycri: Saving History

Rucksack und Pouch vom mimycri mit Perspektive von obenNeben dem ökonomischen Faktor der Wiederverwertung spielt natürlich die politische Komponente eine tragen Rolle. Das historische Material, erinnert an das Schicksal vertriebener Menschen, ausgelöst durch Krieg und Zerstörung. Die politische Weltgeschichte wird durch mimycri ein Stück weit konserviert und in den Alltag integriert. Darüber hinaus markieren die Produkte Neustart und Hoffnung – aber auch ohne symbolisch aufgeladene Bedeutung leistet mimycri einen wichtigen Beitrag zum politischen Diskurs, zu Integration und nicht zuletzt zum ästhetischem Taschen-Design.
Fotos: © Konstanze Teschner


Konstanze-TeschnerKonstanze Teschner ist eine umtriebige Kulturliebhaberin. Wenn die Berlinerin nicht gerade Sport treibt oder Kulturwissenschaften studiert, hängt sie gerne auf Ausstellungen, in Museen oder auf Lesungen ab.

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